20.12.2018 von User91023C86
Hallo
Habe in letzter Zeit sehr viel über Alexithymie geleses und mir besonders viele persönliche Erfahrungen und beschreibungen durchgelesen. Viele der "Symptome" und Beschreibungen konnte ich bei mir, sowie in meinem Leben wiederfinden. Nach dem Test (vertraue ungerne auf sowas) habe ich in den meisten Bereichen Anzeichen von Alexithymie. Für mich persönlich hat vieles von dem, was ich bisher gelesen hat mir geholfen einige Dinge in meinem Leben zu erklären. Jedoch gibt es auch klare Unstimmigkeiten. Ich persönlich habe enorme Probleme Gefühle auszudrücken. Wollen Menschen wissen wie es mir geht oder was ich fühle würge ich sie meistens sofort mit kurzen Antworten oder Lügen ab. Besonders in sehr persönlichen Momenten und Gesprächen unter zwei Augen krieg ich gar nichts raus. Ich habe deutliche Empfindungen, Freude, auch oft Wut und Schmerz jedoch habe ich ein sehr großes Problem mit "Liebe" und meinen Beziehungen zu anderen Menschen. Mir scheinen die Menschen oft austauschbar. Bei meinen bisherigen Freundschaften vermisse ich nur die positiven Empfindungen, die ich mit den Menschen hatte und empfinde Schmerz für das positive, was ich noch hätte erleben dürfen wenn die Freundschaft nicht vorbei wäre. Die Menschen an sich sind mir eigentlich egal und wirken einfach nur austauschbar.
Ich kann nicht sagen dass ich jemals wirklich Liebe oder eine tiefere Beziehung zu irgendeiner Person (also auch Freunden) empfunden habe, eher nur gleichgültigkeit. Bin vergleichsweise bedeutend jünger als die meisten hier. In meiner letzten Beziehung war mir mein Partner eigentlich gleichgültig. Ab einem bestimmten Zeitpunkt haben wir kaum noch geredet und es war eher körperlich. Er hat mich dann irgendwann betrogen und Schluss gemacht, was mir völlig egal war. Für mich hat sich dadurch nichts verändert und ich habe keinen Schmerz über die Trennung gefühlt. In dem Moment selbst habe ich mich nahezu apathisch verhalten. Ich wusste nicht was ich sagen sollte weil ich schlichtweg nichts empfand.
Bevor ich von Alexithymie erfahren hab konnte ich mir mein Empfinden, mein Verhalten und besonders meine fehlenden Gefühle nicht wirklich erklären. Zwar hatte ich verschiedene Theorien aber nichts hat wirklich gepasst.
Mein Wunsch war es irgendwie immer "normal" zu sein. Nachdem ich als Kind viele Freundschaften verloren hab und viele Perioden hatte wo ich keine oder nahezu keine Freunde hatte, wollte ich das nicht mehr. Ich hab verstanden, dass ich irgendwie anders bin und dass Menschen mein Verhalten und meine Reaktionen komisch finden und mich nicht akzeptieren. Also hab ich mich versucht anzupassen. Ich hab mich sozusagen äußerlich sozialisiert und gelernt wann ich wie zu reagieren hab, wie ich mich zu verhalten hab und schlichtweg wie ich zu sein hab damit ich als "normal" akteptiert werde. Dadurch ist auch die bereits erwähnte Beziehung entstanden. Ich habe mich einfach so Verhalten wie es Menschen in Filmen, Serien, Büchern und co tun und das gesagt was erforderlich war. Jedoch hab ich halt einfach gar nichts für ihn empfunden. Teilweise empfand ich ihn einfach nur lästig und nervig und er war in vielen Situationen einfach nur ein gesellschaftliches Symbol für mich, dass ich "normal" bin.
Ich weiß dass ich Dinge empfinde und teilweise in anderen Situationen fühle ich auch. Aber ich kann nicht mal für mich selber erklären was.
Einen "guten" Freund von mir kenne ich nun schon ein paar Jahre. Bereits am Anfang hatte ich gedacht, dass er als Freund(Beziehung) gut oder geeignet wäre. Habe mich daraufhin eigentlich nur deshalb mit ihm angefreundet. Daraus ist aber erst nichts geworden weil ich irgendwann das Interesse verloren hab. Wie dem auch sei sind wir jetzt immer noch befreundet und irgendwas läuft jetzt seit einigen Wochen zwischen uns. Ich weiß dass er ein sehr emotionaler Mensch ist und anscheinend hat er Gefühle für mich. Ich kann mir jedoch selber nicht darüber einig werden ob ich wirklich etwas für ihn empfinde oder ob ich einfach nur die Empfindungen mag (Spaß, Freude, Nähe). Ich will ihm halt irgendwie nichts vorspielen. Oder zeigt genau das, dass ich ihn irgendwie nicht verletzten möchte eben dass ich Gefühle hab? Die Sache ist dazu, dass ich bevor ich von Alexithymie erfahren hab, ihm gegenüber sozusagen mal meine sozialisierte "Hülle" für eine Sekunde fallen gelassen hab und er bemerkt hat dass ich irgendwie Probleme hab. Er hat mein Verhalten (war unter Einfluss von Alkohol) zunächst falsch gedeutet. Vor kurzem hat er mich dann darauf angesprochen. Er setzt sehr viel auf Ehrlichkeit und ich weiß ganz genau, dass er von mir erwartet, dass ich ihm früher oder später erkläre was los ist. Dabei macht er mir zwar keinen direkten Druck aber natürlich indirekt.
Ich bin über meine momentane Situation verwirrt und weiß nicht was ich tun oder wie ich reagieren soll. Ich habe Angst, dass er mich nicht versteht und mich nicht akzeptiert
Wäre über eine Einschätzung meiner momentanen und allgeimeinen Lage sehr dankbar.