06.01.2012 von Ad
Thema: Grossartig, dass ein Portal zur Alexithymie eingeschaltet ..
06.01.2012 von Ad
06.01.2012 von Ad
Für mich ist es eine total neue Entdeckung...
Mein ganzes Leben lang hatte ich Schwierigkeiten zu verstehen, wie die anderen Menschen funktionieren... Wieso sie soviel miteinander interagieren, was der Sinn von Soaps ist, oder wieso es so spannend sein sollte, ständig darüber zu reden, was sich richtig oder falsch anfüllt. Wenn man mich zu meiner Meinung über ein "Problem" fragte, habe ich das "Problem" immer analysiert und kam fast immer zu einer ziemlich einfachen Schlussfolgerung, dass es nicht mal ein Problem ist... Ich schaute mir die Tatsachen an und konnte nie verstehen, wieso die Leute so fest darauf beharren, etwas so kompliziert zu gestalten. Ich konnte auch nie verstehen, wieso man mich ganz eindeutig nicht mochte und zwar nur weil für mich die Resultate wichtiger waren als pausenlose Gespräche über Ilussionen (im Grunde genommen).
Oft war ich erstaunt, dass die Leute etwas nicht machen wollten, weil es für sie unangenehmen ist. Ich mochte einiges in meinem Leben nicht, aber trotzdem habe ich es gemacht, ohne gross darüber zu elaborieren.
Ich war auch ständig krank - ewig müde, mit Muskel- und Kopfschmerzen, Schwindel, verschwommenem Sehen, Herzklopfen, Schweissausbrüchen und Verdauungsbeschwerden. Ich war irgendwie innerlich unruhig, mein Körper spinnte, ich wusste aber nie wieso. Ich war bei zahlreichen Medizinern, studiere sogar selber Medizin, man konnte aber meistens nichts finden. Zu Beginn war ich... enttäuscht oder genervt, habe es aber angefangen im anderen Licht zu sehen, aufgrund von meiner wachsennen Verstädnis für Medizin. Meine Symptome waren einfach, wie wir es sagen, unspezifisch und die Befunde waren blande - daraus entsteht ja keine Diagnose.
Ich war überzeugt ich müsste doch was haben, wenn mein Alltag offensichtlich so anders ist als der Alltag von anderen Menschen. Ich suchte nach Antworten in Komplementärmedizin (TCM, Homöopathie, RAC-Kontrollierte Akupunktur, Phytotherapie, Massagen), Physiotherapie und westlichen Philosophien (Buddhismus, Zen, chinesischer Gedankengut). Zen hat mir dabei am meisten gefallen, weil man dort viel mit dem Konzept des Verzichtes auf kognitive und emotionalle Prozesse arbeitet. Die komplementärmedizinischen Theorien konnte ich noch relativ schnell begreiffen und sogar anwenden, verwarf sie aber aufrgund von fehlenden naturwissenschaftlichen Beweisen. Ich habe mich intensiv mit vielen Konzepten und Theorien im Bereich der Psychologie und Psychiatrie befasst (Tiefenpsychologie, Behaviorismus, Neurophysiologie etc.). Das alles lieferte jedoch keine wirkliche Antwort.
Und irgendwann, mit Zeichen einer mittelschweren Depression, landete ich in den tiefenpsychologischen Sitzungen nach Sigmund Freud mit einer und später zwei Sitzungen pro Woche. Diese Konzepte schlugen ein, ich fand sie faszinierend - ein kognitiver Zugang zur inneren Welt. Viele meiner gesundheitlichen Probleme wurden während der Therapie verschlimmert, viele gingen aber auch weg. Momentan ist mein Körper relativ in Ordnung, aber während dieser ganzen Therapie fehlte irgendetwas. Ich konnte nicht verstehen, wieso man mir ständig versucht zu vermitteln, dass ich manches in bestimmten Situationen fühlen sollte und es aufgrund von Verdrängung nicht empfinde. Nach fast 4 Jahren intensiver Selbstarbeit war ich immer noch nicht in der Lage zu verstehen, wieso ich unter Menschen sein sollte, wenn es mir eigentlich nur unter den Menschen schlechter ginge...
Und da kam ich im Internet ganz zufällig zu dem Begriff der Alexithymie und konnte es nicht glauben - meine ganze Kindheit zusammengefasst auf nur 2 Seiten. Genau ins Schwarze getroffen. Nach dem Lesen bekam ich Bauchschmerzen und Atemnot... Und kürzlich danach begann ich zu weinen. Zum ersten Mal in meinem Leben fühlte ich mich... verstanden, obwhol ich alleine in meinem Zimmer war. Mehr als 20 Jahre Qual und endlich gibts ein Wort um das zusammenzufassen, was ich selber nie konnte. Ich glaube es war für mich eine Erleicherung.
Im Alltag fühle ich bewusst nicht viele Emotionen. Ich merke nur, dass es in bestimmten Situation etwas in mir vor sich geht, und das meistens Anhand von körperlicher Symptomatik. Die schlimmste Frage für mich war stets "Wie fühlst du dich?", denn egal wie gross und differenziert mein Wortschatz war, konnte ich nie die richtigen Worte finden. Es brauchte viel Zeit und viel Überlegung bis ich erstmal anfangen konnte etwas Innerliches zu schildern. Und meistens konnte ich sowieso nur darüber berichten, was passiert ist, nicht darüber, was meine Einstellung dem gegenüber war. Wenn jemand mit mir redet und etwas Emotionelles von sich preisgibt, leite ich seinen emotionellen Zustand anhand von seiner Stimmlage, seiner Gestik und der Themenwahl ab. Man sagte mir oft ich sei sehr gut in psychologischen Analysen und komme sehr schnell zum Punkt. Andererseits warf man mir genauso oft vor, ich sei zu viel mit dem Kopf unterwegs, dass ich ungebeten etwas analysiere, was man mir nur mitteilen wollte. Man hält mich für einen Exzentriker und Aussenseiter. Gleichzeitig aber hat man oft an mich die offensichtlig unangenehmen Pflichten weitergegeben, wissend, dass sie für mich keine grossen Sachen waren, denn ich war nie diplomatisch, "verklemmt" oder irgendwie ersichtlich abgeneigt. Wo die anderen von Selbstzweifel geplagt waren, ginge ich und erledigte es, meistens ohne Erfolgserlebnisse, Stolz oder Hass aber mit vielen körperlichen Problemen die ich gelernt habe zu ignorieren.
Ich hoffe diese Seite wird sich weiterentwickeln - es gibt wenig zur Alexithymie auch in der Profliteratur (ich verfolge die naturwissenschaftliche Entwicklung im Bereich der Medizin, der Psychologie und der Psychiatrie regelmässig). Es ist erstaunlich wenig zu diesem Thema publiziert worden. Die Auswirkungen von diesem Persönlichkeitsmermkal waren für mich jedoch lebensbestimmend und lebensqualitätssenkend. Wenn ein Betroffener die Chance bekäme, darüber zu erfahren, und sich dadurch vielleicht aufhört so abgespaced zu fühlen wie ich, bin ich dafür, dass man die Menschen sensiblisiert.
Ein lieber Gruss an die Initianten!
06.01.2012 von Ad
Zu Beitrag 2: Ich bin diagnostisch festgestellt alexithym, aber ich bin auf keinen Fall eine schlechte Mutter, ganz im Gegenteil, ich werde sogar sehr geliebt und bin Mädchen für alles in meiner Familie, gerade weil ich alexithym bin. Ich glaube nicht, dass diese beschriebene Gefühlskälte etwas mit Alexithymie zu tun hat in Beitrag 2, dafür braucht es schon eine gesicherte Diagnose und keine Vermutungen. Es geht ja eher um Gefühlsblindheit den eigenen Gefühlen gegenüber, aber trotzdem ist man als alexithymer Mensch sehr liebevoll, sogar zu nett, weil man eben diese eigene Grenze nicht erkennt und alles an sich ranlässt und oft als Mülleimer anderer dient. Ich glaube, diesbezüglich fehlt noch sehr viel Aufklärungsbedarf, was nun genau Alexithymie ist. Es sieht so aus, als würde nun jeder brutale, gefühlskalte Mensch damit benannt, ohne dass dies von Medizinern überhaupt bestätigt wurde. So werden die wirklich Alexithymen auf unfaire Weise stigmatisiert.
@Beitrag 1: In Deinem Beitrag kann ich mich gut wiederfinden, auch von den körperlichen Symptomen her. In Wirklichkeit ist man eben nicht "der Fels in der Brandung", wie dann viele denken und sich anlehnen und umsorgt werden wollen, sondern es läuft auf sehr ungute Weise alles psychosomatisch über den Körper ab, man wird krank und z. B. wie ich am Ende arbeitsunfähig durch eine schwere Schmerzkrankheit. Ich hoffe, Du schreibst hier aktiv mit. Wurde bei Dir die Alexithymie noch von Fachleuten bestätigt?
12.03.2012 von Elana
Nur zur Information, das hab ich geschrieben:
[quote="Admin":21j4huql]Zu Beitrag 2: Ich bin diagnostisch festgestellt alexithym, aber ich bin auf keinen Fall eine schlechte Mutter, ganz im Gegenteil, ich werde sogar sehr geliebt und bin Mädchen für alles in meiner Familie, gerade weil ich alexithym bin. Ich glaube nicht, dass diese beschriebene Gefühlskälte etwas mit Alexithymie zu tun hat in Beitrag 2, dafür braucht es schon eine gesicherte Diagnose und keine Vermutungen. Es geht ja eher um Gefühlsblindheit den eigenen Gefühlen gegenüber, aber trotzdem ist man als alexithymer Mensch sehr liebevoll, sogar zu nett, weil man eben diese eigene Grenze nicht erkennt und alles an sich ranlässt und oft als Mülleimer anderer dient. Ich glaube, diesbezüglich fehlt noch sehr viel Aufklärungsbedarf, was nun genau Alexithymie ist. Es sieht so aus, als würde nun jeder brutale, gefühlskalte Mensch damit benannt, ohne dass dies von Medizinern überhaupt bestätigt wurde. So werden die wirklich Alexithymen auf unfaire Weise stigmatisiert.
@Beitrag 1: In Deinem Beitrag kann ich mich gut wiederfinden, auch von den körperlichen Symptomen her. In Wirklichkeit ist man eben nicht "der Fels in der Brandung", wie dann viele denken und sich anlehnen und umsorgt werden wollen, sondern es läuft auf sehr ungute Weise alles psychosomatisch über den Körper ab, man wird krank und z. B. wie ich am Ende arbeitsunfähig durch eine schwere Schmerzkrankheit. Ich hoffe, Du schreibst hier aktiv mit. Wurde bei Dir die Alexithymie noch von Fachleuten bestätigt?[/quote:21j4huql]
16.07.2015 von LZ7
Ich denke manchmal, dass meine Eltern viel zu gut für mich sind. Natürlich liebe ich sie, aber ich weiß leider nicht, wie weit diese Liebe geht. Ich habe mal überlegt und bin zu dem Schluss gekommen, dass ich ohne zu zögern für sie sterben würde, vorausgesetzt ich könnte sie dadurch retten/beschützen. Anfangs würde ich wahrscheinlich abwägen, ob ich ihnen helfen kann und wenn nicht, würde ich mich selbst retten. Dummerweise habe ich ebenfalls festgestellt, dass ich ohne zu zögern meine Freunde verraten würde, würde es mir oder meiner Familie von Vorteil sein.