Thema: Welche Gründe gibt es, Zugang zu seinen Gefühlen zu suchen?

Deutsches Alexithymie Forum > Betroffene und Angehörige

Welche Gründe gibt es, Zugang zu seinen Gefühlen zu suchen?
22.01.2012 von Elana

Welche Gründe gibt es, Zugang zu seinen Gefühlen zu suchen?
22.01.2012 von Elana

Halli Hallo

In den letzten Tagen wurde mir bewusst, dass ich meine somatoformen Schmerzen nur angehen kann, wenn ich den Weg zu meinen Gefühlen antrete und den inneren Konflikt nicht über den Körper austrage als Schmerzreaktion, sondern mich gefühlsmäßig belebe, um herauszufinden, was gerade in mir abläuft, und es dann analytisch zu reflektieren und aufzulösen. So kann ich die Schmerzintensität modulieren.

Ein aktuelles Beispiel: Ich litt heute unter besonders starken Schmerzen und fragte mich deshalb bewusst: Welches innere, psychische Gefühl könnte diese Schmerzintensität herbeigeführt haben? Ich dachte spontan an den nächsten Therapeuten-Termin in der nun folgenden Woche, den Kennenlern-Termin. Als nächstes stellte ich mir die Frage, weshalb mich dieser Termin im Gegensatz zu den bisherigen Terminen bei Fachärzten diesbezüglich so beunruhigt, was ist der Unterschied? Bald darauf wurde mir klar, dass mich bei den bisherigen Fachärzten eine spezielle Vorinformation beruhigte, nämlich das Wissen, dass diese Ärzte nett sind, weil sie von Patienten empfohlen wurden. Also recherchierte ich über den Kennenlern-Thera, las, was ich von ihm finden konnte, woraus ich einige Schlüsse ziehen konnte über seine Herangehensweise. Das beruhigte mich und die Schmerzen verringerten sich spürbar.

Gibt es bei euch Gründe, etwas gegen die negativen Aspekte der Alexithymie zu tun? Die positiven erwähnten wir ja schon.

Re: Welche Gründe gibt es, Zugang zu seinen Gefühlen zu such
23.01.2012 von Anonym

Hallo,

[quote:2akv8fgo]Gibt es bei euch Gründe, etwas gegen die negativen Aspekte der Alexithymie zu tun?[/quote:2akv8fgo]
Ich habe keinen Grund. Negative Aspekte hört sich für mich schon zu dramatisch an. Ich nehme ein paar Dinge wahrscheinlich anders wahr, als der statistische Durchschnittsmensch. Das hat je nach Situation evtl. Nachteile, aber auch Vorteile.

Re: Welche Gründe gibt es, Zugang zu seinen Gefühlen zu such
24.01.2012 von shouqici

Hm - 'negative Aspekte' - naja - es [i:2hhnrghp]stört [/i:2hhnrghp]mich irgendwie, dass mir anscheinend ein Zugang fehlt, der (zumindest für Andere) wichtig zu sein scheint. Und es stört mich noch mehr, dass diese bei mir nicht ausgebildete Zugangsweise [i:2hhnrghp]bei Anderen[/i:2hhnrghp] offenbar zu existentiellen Problemen führt. Für mich ist das ein guter Grund, da nach Abhilfe in irgendeiner Form zu suchen...

() shouqici

Re: Welche Gründe gibt es, Zugang zu seinen Gefühlen zu such
26.01.2012 von Elana

Hallo zusammen

[quote="Anonym":nxldxipr]Ich habe keinen Grund. Negative Aspekte hört sich für mich schon zu dramatisch an. Ich nehme ein paar Dinge wahrscheinlich anders wahr, als der statistische Durchschnittsmensch. Das hat je nach Situation evtl. Nachteile, aber auch Vorteile.[/quote:nxldxipr]

@Anonym: Welche Nachteile denn konkret? Eckst Du mit Deiner Alexithymie oft an?

[quote="shouqici":nxldxipr]Hm - 'negative Aspekte' - naja - es [i:nxldxipr]stört [/i:nxldxipr]mich irgendwie, dass mir anscheinend ein Zugang fehlt, der (zumindest für Andere) wichtig zu sein scheint. Und es stört mich noch mehr, dass diese bei mir nicht ausgebildete Zugangsweise [i:nxldxipr]bei Anderen[/i:nxldxipr] offenbar zu existentiellen Problemen führt. Für mich ist das ein guter Grund, da nach Abhilfe in irgendeiner Form zu suchen...[/quote:nxldxipr]

@shouqici: Du hast ja schon in Deinem Vorstellungsthread erzählt, dass Deine Frauen größte Mühen hatten mit Dir. Bei Deiner jetzigen Frau könnte es evtl. auch an ihrer eigenen psychiatrischen Diagnose liegen. Waren denn die anderen zwei psychisch gesund? Was würdest Du typisch alexithym bei Dir einstufen als Reaktion in bestimmten Situationen bei Deinen Frauen (Exen bzw. jetzige)?

@me: Gerade neulich besprach ich mit einem Mann, der mich schon oft gut beraten hat, ein familiäres Problem. Dabei fiel mir auf, dass wir im Grunde genommen eine ähnliche Ansicht vertraten, nur beließ ich meine Ansicht in der jeweiligen Situation, d. h. meine Eindrücke und Bewertungen schwammen irgendwie auf der wahrgenommenen Situation, ohne dass ich mich zu einem klaren Urteil durchringen konnte, während mein Berater gleich auf den Punkt kam und schon fast zu pauschal seine Einschätzung dazu abgab, wobei er sich auch von seinen eigenen Erfahrungen diesbezüglich beeinflussen ließ. Jedenfalls schien er ganz in seinem Element zu sein, gefühlsmäßig irgendwie, war aber durchaus auch genug flexibel, um einen anderen Standpunkt zu reflektieren und in seine Gesamtbeurteilung aufzunehmen. Jedenfalls spürte ich an dieser Stelle, wo eigentlich ich viel emotionaler hätte reagieren müssen als unmittelbar Betroffene der Problematik, dass ich viel weniger eine gefühlsmäßige Wertung abgab, es mir einfach zu wenig sachlich erschien, wobei mir aber auch der Nachteil meiner Wahrnehmung bewusst wurde, dass ich keine klare Stellung dazu nehmen konnte.

Ich weiß nicht, was ich davon halten soll. Dieser Mann hat mich schon oft gut beraten. Ich kann auch nicht sagen, dass er Unrecht hat, aber die Art und Weise wirkt für mich so gefühlsmäßig. Aber sobald ich z. B. relativiere und ihm eine neue Perspektive oder Information gebe, zieht er mit und schwingt sich da ebenso gefühlsmäßig in die Argumentation rein. Also muss es einfach seine "normale" Art sein, er übersetzt das Ganze für sich in eine klare Information und gefühlsmäßige Wertung, während ich als Alexithymiker und Anankast die Informationen eher konkret und situativ sammle und es eher so stehen lasse wie in einem Archiv. Jedenfalls empfinde ich dieses Gefühlsmäßige darin irgendwie als urteilend, dabei ist es evtl. nur seine "Normalität".

Überhaupt scheine ich gefühlsmäßig eine "lange Leitung" zu haben. Bei der letzten Therapie-Sitzung sprach ich über ein vergangenes Ereignis, was ich schon bei einem vorherigen Therapeuten erwähnte, doch diesmal konnte ich auf einmal das Ereignis gefühlsmäßig aufschlüsseln und sagen, weshalb ich das negative Erlebnis meinen Eltern damals als Kind nicht erzählte. Vorher berichtete ich nur über das Geschehen und beließ es dabei, ohne meine Motivation dazu bewusst werden zu lassen, meine Gefühle dazu blieben im Dunkeln, als gäbe es keine. Es war wie ein Schlüsselerlebnis, dass ich auf einmal wusste, weshalb ich es für mich behielt, denn irgendwie warf ich mir das in der Gegenwart oft vor, wie dumm das doch gewesen sei, da es doch bestimmt geholfen hätte. Aber dann wusste ich wieder, warum. Das nur, weil ich für einen Moment Zugang zu meinen Gefühlen damals erhielt und mich nicht nur situativ, sondern gefühlsmäßig erinnerte.

Re: Welche Gründe gibt es, Zugang zu seinen Gefühlen zu such
28.01.2012 von Anonym

Hallo,

[quote:b0cvopw8]Welche Nachteile denn konkret?[/quote:b0cvopw8]
Es sind eher unscheinbare Nachteile, die sich im täglichen Zusammenleben einstellen. Vor allem im Zusammenhang mit dem Thema Kontaktpflege. Beispielsweise beherrsche ich den unverbindlichen Plausch mit Nachbarn nicht. Ein Hallo und ein, zwei kurze Antworten, dann bin ich weg. Bekannte anrufen oder einladen, nur um den Kontakt zu halten, fällt mir nicht ein. Beruflich ein persönliches Netzwerk spinnen? Mich nervt schon das Wort Netzwerken. Ein Umzug, eine Wohnungsrenovierung, das berufliche Weiterkommen etc. sind aber einfacher, je mehr Helfer bzw. Unterstützer vorhanden sind. Da hat man Nachteile. Andererseits steht man so nicht bei anderen in der Pflicht. Was wiederum ein Vorteil ist.

[quote:b0cvopw8]Eckst Du mit Deiner Alexithymie oft an?[/quote:b0cvopw8]
Oft ist relativ. Je weniger Kontakte, desto weniger Konfliktpotenzial. Aber hin und wieder passiert es mal. Ehrlich und offen die eigene Meinung zu sagen wird nicht immer gerne gesehen. Besonders wenn diese Meinung gerne mal auf einer ganz anderen Sichtweise beruht, als die Mehrheitsmeinung. Wer am Ende richtig liegt, wird ja selten gefragt. Zur Zeit ist überall ständiger Wohlfühlkonsens angesagt. Richtig und falsch, Wahrheit und Unwahrheit etc. spielen häufig keine Rolle.

Re: Welche Gründe gibt es, Zugang zu seinen Gefühlen zu such
30.01.2012 von Elana

Halihallo

[quote="Elana":29c4edii]Also recherchierte ich über den Kennenlern-Thera, las, was ich von ihm finden konnte, woraus ich einige Schlüsse ziehen konnte über seine Herangehensweise. Das beruhigte mich und die Schmerzen verringerten sich spürbar.[/quote:29c4edii]

Der Kennenlern-Thera ist übrigens nett, ich werde bei ihm die Therapie machen.

@Anonym: Also mir ergeht es auch so wie Dir. Ich könnte zwar theoretisch viele Kontakte knüpfen, das fällt mir nicht mal so schwer, weil ich darin geübt bin, schwierige Persönlichkeiten zu hätscheln, hab ich in meiner Familie gelernt, wo einige doch sehr jähzornig und unbequem waren, aber gerade deshalb finde ich die meisten Kontakte anstrengend, öde und sinnlos. Dazu muss ich aber einschränkend erwähnen, dass mir tatsächlich ein paar wenige Menschen begegnet sind, die mich unterstützen, die hab ich dann auch immer wieder von mir aus aufgesucht, weil sie mir guttaten. Deshalb weiß ich, dass es auch ganz anders sein kann. Kinder sind auch sehr toll.

Deshalb bin ich jetzt schon sozialer, suche mir meine Kontakte aber sehr genau aus und kann auch gut Menschen aus meinem Leben entlassen, wenn sie mir zu anstrengend werden. So pflegte ich vor kurzem noch eine 6-jährige Freundschaft zu einer Internetbekannten, brach aber noch vor Weihnachten ab, als ich dahinterkam, dass sie es mit der Wahrheit nicht so genau nahm, und zwar durchgängig als Lebensstil, d. h. nicht nur eine einzige Lüge, sondern allgemein in ihrem ganzen Redefluss, wo sie Dinge versprach, die ich nicht verlangte, diese aber dann nie einhielt, etc. Diese Art von Einstellung war für mich inakzeptabel, obwohl ich sie sonst sehr mochte. Aber für mich kippte damit die Waage auf einmal zu ihren Ungunsten, es sprach zu wenig für den Erhalt dieses Kontakts, denn ich bin ein sehr wahrheitsliebender Mensch und kann das nicht haben, wenn mich jemand ständig aus reinster Gewohnheit und ohne jede Notwendigkeit beschwindelt. Das ist einfach nicht Sitte in meiner eigenen Familie.

Re: Welche Gründe gibt es, Zugang zu seinen Gefühlen zu such
06.06.2012 von Whisper

Ich habe für mich persönlich nur einen Grund gefunden nach meinen Gefühlen zu suchen:
Als Sänger und Texter einer Rockband machen allzu sachliche Texte wenig Sinn.
Zumal man eins nie vergessen sollte, auch wir Menschen mit Alexithymie fühlen, wenn auch erst in späteren Instanzen als "normale" Personen.

Ich habe festgestellt, dass ich mich durchaus ärgern oder wütend sein kann, allerdings erst wenn ich mich länger mit dem Auslöser beschäftigt habe. Sogesehen muss ich die rationale Entscheidung für eine entsprechende Reaktion erst treffen. Affektiv läuft da nix und das machts im Alltag nicht wirklich leichter.

Re: Welche Gründe gibt es, Zugang zu seinen Gefühlen zu such
21.07.2012 von Elana

Ja, Whisper

Du hast es genau so beschrieben, wie es bei mir auch läuft. Es ist wie zeitverzögert und gefiltert. Trotzdem sind natürlich die Gefühle da, auch wenn wir sie verspätet wahrnehmen, das wurde auch wissenschaftlich anhand von Tests belegt.

Wie läuft es bei Dir? Gehst Du derzeit in Therapie? Machst Du Fortschritte?

Ich kann nun bei meinem hilfreichen Übergangsthera bleiben. Ich mache große Fortschritte, aber es ändert nichts daran, wie ich funktioniere, eben schon sehr alexithym durch meine Persönlichkeitsstruktur.

Ich gebe mir Mühe, nicht so alexithym zu wirken und mich rational in mein Gegenüber zu denken und dann Emotionalität beizumischen in meine Worte und Mimik, was ich aber sehr bewusst vermitteln muss, damit es rüberkommt. Es reicht nicht, wenn ich es denke. Gedanken sind eben nicht sichtbar im Gesichtsausdruck, Emotionalität aber schon.

Ich nehme nun die Emotionalität von anderen etwas besser wahr, weil ich mich stark darauf konzentriere, um jedes Detail wahrzunehmen. So kann ich das "emotionale Gesicht" meines Gegenübers besser lesen. Aber anstrengend ist es schon ...

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