Thema: Hallo, bin neu hier

Deutsches Alexithymie Forum > Betroffene und Angehörige

Hallo, bin neu hier
18.04.2016 von Upior

Hallo zusammen,

ich wollte mich kurz vorstellen und von "Gleichgesinnten" ein paar Erfahrungen sammeln. Nun, ich bin 25 Jahre alt und seit einiger Zeit habe im Leben keine Gefühle. Weder Wut und Hass, noch Trauer oder Freude, Lieber... Und so weiter und sofort. Ich fand dieses Forum aus reiner neugier. Mich interessiert, ob ich mich einfach unverständlich ausdrücke, oder es tatsächlich Menschen gibt, die es endlich verstehen würden, was ich zu sagen versuche.

Bevor ich den Faden verliere erzähle ich vielleicht ein paar Worte über mich.
Als Kind/Jugendlicher (weil ich jetzt so alt bin ho-ho-ho) war ich ziemlich sensibel. Ich leidete unter Wutanfällen, würde mich selbst damals als ein Mizanthrop bezeichnen, sprich- habe alle gleichmäßig gehasst. Pubertät halt. Was ich aber nie so wirklich verspürt habe war... Trauer und Verlustgefühle. Ich habe eine meiner Omas und einen meiner Opas begraben. Ich stand mit den eng im Kontakt, ich bin bei den quasi aufgewachsen. Und wisst ihr was? Ihr musst es euch vorstellen, es war wie ein schlechter Film. Man ist in der Kirche (ich komm ursprünglich aus Polen, katolisches Land, da wird sowas hoch geschätzt), steht über diesen Särgen, sieht die Menschen an, die einem nahe standen, die jetzt tot sind... Ja, wann kann ich nach Hause?
Wie jeder, habe ich auch ein paar kritische Beziehungen hinter mir, über diese man normallerweise Lachen würde. Gebrochene Herzen und Vertrauen, verletztes Stolzgefühl, so ein "jugendlicher starter kit" halt. :D Und jetzt wo ich das schreibe lächel ich zwar, aber in mir ist ein großes nichts. Ein schwarzes loch, das alles frist, was nur bereit wäre sich existent zu machen.
Ich lebe in einer festen Beziehung mit einer Freundin, die viel älter ist als ich, ich verspüre keine Gefühle. Ich weiß, dass ich sie in die Arme nehmen soll, weil man es so macht. Man schenkt aber auch normallerweise Blümen, oder Geschenke. Stattdessen könnt ich ihr aber auch eine Klobürste schenken- wäre für mich Gleichgültig. Das einzige was ich verspüre manchmal ist, der Wünsch einfach mich zurück zu ziehen. Eigene Wohnung haben, aber ich weiß, dass das nicht mein Wahrer Wille ist. Und Angstzustände. Ständig die Panikanfälle. Und hat null Ahnung, warum. Es ist doch alles in Ordnung. Warum wacht man nachts Atemlos auf, man geht morgens die Strecke zur Arbeit und hat das Gefühl, einem wird gleich ein Messer in den Nacken reingestochen...
Seit ungefähr 5 Jahren schleppte ich dieses nicht-Gefühl mit mir. Jeden Tag wie durch die Hölle gehen. Man wünscht, man wäre tot, oder kurz davor, aber wer weiß ob sich da was ändern würde? Würde ich das Leben besser zu schätzen wissen? Wäre ich in der Lage Gefühle zu zeigen? Keine Ahnung. Das schlimmste ist, man funktioniert ganz normal. Man lacht, man macht party, trifft sich mit Freunden und wenn man den das erklärt, kriegt man zu hören "Du kannst doch gar nicht Gefühllos sein, ich würde sogar das Gegenteil behaupten!". Neulich habe ich von diesem Begriff gehört und wollte Resonanz hören, ob es euch genauso geht. Empfindet ihr die Zustände als positiv oder negativ? Habe ich eurer Meinung nach tendenzen? Oder ist es nur irgendwas, was ich mir eingeredet habe um Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen? Wie geht es euch damit? Was macht ihr um die Kurve zu kriegen? Erzählt was darüber. Ich möchte einfach ein wenig Resonanz, kein gutes Wort, sondern einfach nur einen Meinungs- und Erfahrungsaustausch.

Viele Grüße

Upior

Antwort auf vorherigen Beitrag
21.04.2016 von Anonym

Hallo,

seit einiger Zeit habe im Leben keine Gefühle. Weder Wut und Hass, noch Trauer oder Freude, Lieber...
Angst und Panik sind keine Gefühle?

Ich fand dieses Forum aus reiner neugier.
:-) Solche "Entschuldigungen" benutzen viele. Zufall ist wohl die beliebteste Angabe.

Mich interessiert, ob ich mich einfach unverständlich ausdrücke,
Etwas unpräzise und widersprüchlich schon. Aber das tun viele. So schlimm finde ich es nicht, es sei denn ich verstehe alles falsch.

oder es tatsächlich Menschen gibt, die es endlich verstehen würden, was ich zu sagen versuche.
Mal sehen.

Neulich habe ich von diesem Begriff gehört und wollte Resonanz hören, ob es euch genauso geht.
Nein. Mit Alexithymie hat deine Beschreibung meiner Meinung nach nichts zu tun. Maximal einige Punkte, die sich mit Merkmalen bei Alexithymie überschneiden.

Alexithymie fällt nicht im Alter von 20 Jahren grundlos vom Himmel. Entweder sie entsteht in frühester Kindheit, oder sie wird durch ein starkes Trauma ausgelöst.

Alexithyme haben keine täglichen Angstzustände, die sie als Hölle wahr nehmen. Wenn, dann haben sie z.B. Magenschmerzen, die sie als Magenverstimmung, Magen-/Darmgrippe etc. deuten. Dass Ängste dahinter stehen könnten, müssen sie in der Regel erst mühsam heraus finden. Also eher genau anders rum, als du es beschreibst. Du fühlst Angst und weißt, dass es Angst ist, aber nicht warum. Alexithyme fühlen keine Angst oder erkennen nicht, dass sie Angst "fühlen".

Alexithymen wird Gefühlskälte doch gerade vorgehalten. Das Gegenteil, z.B Sensibilität, wird nicht gerade über sie behauptet. Alexithyme versuchen auch eher nicht mit Freunden über ihr Innenleben zu sprechen.

Dein Schreibstil ist auch nicht gerade typisch alexithym.

Empfindet ihr die Zustände als positiv oder negativ?
Welche Zustände? Alexithymie? Positiv.

Habe ich eurer Meinung nach tendenzen?
Tendenzen zu Alexithymie? Nein.

Oder ist es nur irgendwas, was ich mir eingeredet habe um Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen?
Könntest du eine Angststörung haben, eine soziale Phobie, eine Depression? So dass deine Ängste alles andere quasi ersticken?

Wie geht es euch damit?
Mit Alexithymie? Ich bin zufrieden.

Was macht ihr um die Kurve zu kriegen?
Ich muss keine Kurve kriegen. Ich versuche zu verstehen was mich von Anderen unterscheidet und wie Andere ticken.

Grüße

Für mich hört es sich nach Depression an
21.05.2016 von lilawolke

Du zeigst wirklich sehr klare Anzeigen für eine Depression.
Angst und Panik sind häufig Begleiter einer schweren Depression, auch das würde passen.

Vielleicht hast du auch eine zusätzliche Angststörung entwickelt. Beides lässt sich gut behandeln.

Es wäre sicher gut, du würdest das von einem Arzt abklären lassen.
In einer Depression kann man häufig, vor allem wenn sie schwer ist, kaum noch Fühlen.

Grade Männer versuchen aber oft eine Depression zu überspielen. Auch in einer Depression muss man nicht unnterbrochen traurig, gefühllos oder ähnliches sein. Auch da gibt es manchmal, grade gegen Abend auch Aufhellung.
Selten, aber möglich.

Dein, von dir beschriebener Gesamtzustand, ist nicht gut. Das weißt du ja selbst, sonst hättest du nicht nach einer Antwort gesucht ;)

Allerdings eins möchte ich noch sagen. Es ist absolut normal, auch in einer Beziehung, dass man sich mal zurückziehen möchte und Zeit für sich haben möchte.
Auch Liebesgefühle sind schwankend. Auch das ist normal und kein Grund zur Sorge.



Es gibt, aus meiner fernen Draufsicht, eine alternative Möglichkeit. U.u. eine posttraumatische Belastungsstörung, auch das passt zu dem Zustand, den du beschreibst.
Auch das lässt sich gut behandeln.

Daher... hab keine Angst, lass dir helfen. Und ich bin sicher, dass es dir sehr bald wieder gut geht und du auch wieder fühlen kannst und echtes Glück empfindest.

Ich selbst war sehr schwer depressiv und konnte nicht glauben, dass es besser werden kann. Aber es wird besser!

Ich wünsche dir viel Mut und Kraft !

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